Güte und Mitgefühl
9. Bai’at-Bedingung
„Dass er/sie sich nur um Allahs Willen dem Dienst an Allahs Geschöpfen widmen wird; und dass er/sie sich bemühen wird, der Menschheit zu nützen nach dem besten seiner/ihrer ihm/ihr von Gott gegebenen Fähigkeiten und Kräfte“
Allah sagt im Heiligen Quran:
„Verehrt Allah und setzet Ihm nichts zur Seite, und (erweiset) Güte den Eltern, den Verwandten, den Waisen und den Bedürftigen, dem Nachbarn, der ein Anverwandter, und dem Nachbarn, der ein Fremder ist, dem Gefährten an eurer Seite und dem Wanderer und denen die eure Rechte besitzt. Wahrlich, Allah liebt nicht die Stolzen, die Prahler“ (4:37)
Allah fordert uns in diesem Vers nicht nur auf, den eigenen Brüdern, Verwandten, Bekannten und Nachbarn Güte und Anteilnahme zu erweisen, ihnen bei Bedarf Hilfe zu leisten, ihnen nützlich zu sein, wo immer es möglich ist, sondern ihr sollt auch euren Nachbarn, selbst solchen, die ihr nicht kennt und mit denen ihr nicht verwandt seid, und solchen, die ihr nur flüchtig kennt und die eure Hilfe und Anteilnahme brauchen, auch diesen sollt ihr nützlich sein, wo immer es euch möglich ist. Auf diese Weise wird eine wunderbare islamische Gesellschaft geschaffen werden. Entwickelt in euch Mitgefühl für andere und die Qualität, anderen nützlich zu sein, und zwar mit der Einstellung, dass diese über gutes Tun hinaus in die Kategorie der Güte fallen, und Güte wird nicht mit der Absicht erwiesen, hierfür eine Gegenleistung zu erhalten.
Güte erweist der Mensch allein um Allahs willen. Es würde sich auf diese Weise eine wunderschöne Gesellschaft bilden, in der es weder Streitigkeiten zwischen Ehemann und Ehefrau noch zwischen Schwiegermutter und Schwiegertochter oder zwischen Brüdern oder Nachbarn gibt. Jede Seite würde die andere mit Güte behandeln und aus einem Gefühl der Liebe bemüht sein, die Rechte des anderen zu erfüllen. Und jeder würde allein mit der Absicht danach handeln, um Allahs Liebe und Aufmerksamkeit zu erhalten. Gerade in der heutigen Gesellschaft ist dies sehr vonnöten. Allah sagt: Wenn ihr nicht danach handelt, so werdet ihr zu den Hochmütigen gezählt werden, und Allah liebt nicht die Hochmütigen. Hochmut ist eine Krankheit, die den Beginn aller Streitigkeiten bildet…
Über Hochmut war bereits in der siebten Bedingung ausführlich die Rede, sodass ich nun nicht mehr erneut auf das Thema Hochmut eingehen werde. Zusammengefasst verlangt diese Bedingung, dass man Mitgefühl für die Schöpfung Gottes zeigt, damit man Anerkennung vor Gott verdient und in beiden Leben erfolgreich ist. Und die Güte, die ihr erweist, sollte aus dem Gefühl der Liebe füreinander erwachsen und nicht etwa, um sie dem anderen als Gnade vorzuhalten. Allah sagt im Heiligen Qur`an:
„Und sie geben Speise, aus Liebe zu Ihm, dem Armen, der Waise und dem Gefangenen“ (76:9)
Eine Interpretation des Verses lautet, dass sie trotz der eigenen Bedürfnisse allein mit der Absicht, die Liebe Allahs zu erlangen, auf die Bedürfnisse der Bedürftigen achten, sie bleiben selbst hungrig und füttern andere. Sie sind nicht so knauserig, dass sie etwas geben, das nicht einmal die Bedürfnisse des Empfängers befriedigt und nicht einmal ausreicht, um seinen Hunger zu stillen. Vielmehr helfen sie, soweit es in ihren Kräften steht. Und all dies tun sie allein, um Gutes zu wirken und Gottes Wohlgefallen zu erlangen, und nicht etwa, um es dem anderen als Gnade vorzuhalten. Es bedeutet auch, dass sie etwas geben, was der andere braucht und wofür der andere auch tatsächlich Verwendung findet und was ihnen auch selbst gefällt. Und sie halten stets das Gebot Gottes vor Augen, dass wir um Allahs wegen das geben sollen, das uns selbst gefällt.
Es sollte nicht sein, dass man, wie manche Menschen, einem hilfebedürftigen Bruder nur hilft, um ihm dies sodann als Gnade vorhalten zu können. Manche gehen sogar so weit, dass sie Dinge oder Kleidung aus dem eigenen Gebrauch verschenken. Solche Menschen sollten die Würde ihrer Brüder und Schwestern achten. In diesem Fall ist es besser, wenn sie gar nichts schenken oder wenigstens dem anderen mitteilen, dass es sich um eine gebrauchte Sache handelt und dem anderen anheim stellten, ob er die Sache haben möchte. Manche Leute schreiben mir, dass sie für die Hochzeit armer Mädchen gute Kleidung abgeben möchten, welche sie nur ein oder zweimal getragen haben und die ihnen dann entweder zu klein geworden ist oder aus irgendeinem anderen Grund nicht mehr getragen werden kann.
Unabhängig davon, ob solche Sachen über die Unterorganisationen, wie die Lajna oder Khuddam-ul-Ahmadiyya, oder privat gespendet werden, die Unterorganisationen sollten darauf achten, dass die Würde der bedürftigen Leute gewahrt bleibt und dass nur solche Sachen gespendet werden, die auch in einem guten Zustand sind. Es sollte nicht heruntergekommene Kleidung mit Flecken oder Schweißgeruch sein. Auch die armen Menschen haben eine Würde, die es zu achten gilt. Und wenn solche gebrauchten Kleidungsstücke gespendet werden, so sollten sie vor dem Weggeben gereinigt und behandelt werden. Wie gesagt, auch unsere Unterorganisationen, wie die Lajna, verteilen solche Spenden. Sie sollten den Empfängern solcher Spenden mitteilen, dass es sich um Gebrauchtgegenstände handelt. Es steht dann dem anderen frei, ob er sie trotzdem annimmt. Jeder hat ein Ehrgefühl. Und wie ich bereits gesagt habe, dieses sollte geachtet werden. Der Verheißene Messiasas sagte in Erläuterung des Verses
„Und sie geben Speise, aus Liebe zu Ihm, dem Armen, der Waise und dem Gefangenen“ (76:9)
„… Denkt daran, Allah liebt Gutes Tun, und Er wünscht, dass man Mitgefühl gegenüber Seiner Schöpfung zeigt. Hätte er das Böse geliebt, so hätte er dazu aufgefordert. Doch die Majestät Allahs ist darüber erhaben (Heilig ist Er, erhaben Seine Majestät)… darum sollt ihr, die ihr eine Beziehung zu mir unterhaltet, bedenken, dass ihr jedem gegenüber Mitgefühl zeigen sollt, ganz gleich, welcher Religion die Person angehört, und ohne Unterschied gut zu jedem sein sollt. Denn genau das ist die Lehre des Heiligen Qur’an:
Und sie geben Speise, aus Liebe zu Ihm, dem Armen, der Waise und dem Gefangenen (76:9)
Bei den Gefangenen handelte es sich zumeist um Ungläubige. Seht, wie weit das Mitgefühl im Islam reicht. Meines Erachtens ist eine perfekte moralische Lehre keiner anderen Religion außer dem Islam zuteil geworden. Sobald ich wieder gesund bin, werde ich eine umfassende Abhandlung über die moralische Lehre schreiben. Denn ich möchte, dass meine Erwartungen deutlich werden. Es soll eine allumfassende Richtschnur für meine Jama’at sein. Es sollen darin Wege zum Wohlgefallen Gottes aufgezeigt werden.
Es macht mich besonders traurig zu sehen oder zu hören, dass jemand diesen oder jenen Fehler begangen hat. Ich bin über solche Vorfälle keineswegs erfreut. Ich sehe die Jama’at noch als ein Kind, das zwei Schritte nach vorne macht und vier Schritte fällt. Ich bin jedoch der Überzeugung, dass Allah diese Jama’at zu einer vollkommenen machen wird. Deshalb sollt ihr durch Bemühung, Planung, Anstrengung und Gebete eure Arbeit fortsetzen, damit Allah Seine Gnade herabsende. Denn ohne Seine Gnade ist nichts zu schaffen. Erst durch Seine Gnade öffnet Er alle Wege.“ (Malfuzaat, Bd. IV, S. 218 f, neue Auflage)
Durch Allahs Gnade und dank des heiligen Einflusses des Verheißenen Messiasas und durch die Befolgung seiner Lehre wurde die Jama’at viele der Krankheiten, die dem Verheißenen Messiasas Sorgen bereiteten, los, und durch Gottes Gnade war ein sehr großer Teil der Jama’at völlig von diesen Krankheiten befreit und ist es auch heute noch. Je mehr wir uns jedoch von der damaligen Zeit entfernen, desto mehr greift Satan von Zeit zu Zeit mit den gesellschaftlichen Übeln an. Deshalb hat der Verheißene Messiasas seine Besorgnis geäußert. Man sollte stets bemüht sein, mithilfe seiner Weisungen durch Anstrengung und Gebete Gottes Gnade zu erflehen und von diesen Schlechtigkeiten los zu kommen, damit Allah die Gemeinde des Verheißenen Messiasas stets einwandfrei halte. Nun stelle ich Ihnen einige Ahadith hierüber vor. Hadhrat Abu Hurairahra berichtet, dass der Heilige Prophetsaw sagte:
„Allah der Mächtige und Erhabene spricht am Tag der Auferstehung: ‚O Sohn Adams, Ich war krank, und du hast Mich nicht besucht.‘ Er sagt: ‚O Herr, wie kann ich Dich besuchen, wo Du doch der Herr der Welten bist?‘ Er spricht: ‚Hast du nicht gewusst, dass jener Mein Knecht krank war, und du hast ihn nicht besucht? Hast du nicht gewusst, dass, wenn du ihn besucht hättest, du Mich bei ihm gefunden hättest? O Sohn Adams, Ich habe Dich um Speise gebeten, doch du hast Mich nicht gespeist.‘ Er sagt: ‚O Herr, wie kann ich Dich speisen, wo Du doch der Herr der Welten bist?‘
Er spricht: ‚Hast du nicht gewusst, dass jener Mein Knecht dich um Speise bat, doch du hast ihn nicht gespeist? Und hast du nicht gewusst, dass, wenn du ihn gespeist hättest, du den Lohn für dies bei Mir gefunden hättest? O Sohn Adams, ich habe Dich um Trank gebeten, doch du hast Mich nicht getränkt.‘ Er sagt: ‚O Herr, wie kann ich Dich tränken, wo Du doch der Herr der Welten bist?‘ Er spricht: ‚Jener Mein Knecht hat dich um Trank gebeten, doch du hast ihn nicht getränkt. Wenn du ihn aber getränkt hättest, hättest du den Lohn für dies bei Mir gefunden‘.“ (Sahih Muslim, kitab-ul-birr was-silah, Kapitel fadhli ‘iyadat-ilmareedh)
Abdullah bin Mas’udra berichtet in einer Überlieferung, dass der Heilige Prophetsaw sagte:
„Die gesamte Schöpfung ist die Familie Gottes. Er liebt deshalb den Menschen unter Seiner Schöpfung, der Seine Familie (Schöpfung) gut behandelt und auf ihre Bedürfnisse achtet.“ (Mishkat-ul-Masabih, Kapitel ash-shafaqati war-rahmati ‘alal-khalq)
In einer anderen Überlieferung berichtet Hadhrat Alira, dass der Heilige Prophetsaw sagte:
„Ein Muslim hat sechs Rechte gegenüber einem Muslim:
1. Wenn sie sich treffen, so soll er ‚Assalamo Alaikum’ sagen.
2. Wenn dieser niest, so soll er ‚Yarhamukallah’ sagen.
3. Wenn dieser krank wird, so soll er ihn besuchen.“
Manche Leute haben die sehr schöne Gewohnheit, dass sie selbst Krankenhäuser aufsuchen und Kranke besuchen, ganz gleich, ob sie diese kennen oder nicht. Sie nehmen für sie Obst oder Blumen mit. Diese Art von Dienst an der Menschheit ist sehr löblich.
4. Wenn dieser ihn ruft, soll er ihm antworten.
5. Wenn dieser verstirbt, so soll er zu seinem Begräbnis kommen.
6. Er soll für ihn dasselbe wünschen, das er für sich wünscht. Und er soll ihm auch in seiner Abwesenheit nur Gutes wünschen.“ (Sunan Darimi, kitab-ul-istizaan, Kapitel fi haqqil-muslimi ‘alalmuslim)
Hadhrat Abdullah bin Umarra berichtet, dass der Heilige Prophetsaw sagte:
„‘Seid nicht neidisch aufeinander. Überbietet euch nicht gegenseitig in dem Bestreben, dem anderen zu schaden. Hegt einander keinen Groll. Kehrt euch nicht gegenseitig den Rücken, d.h., werdet euch nicht fremd. Und keiner von Euch sollte einen Vertrag überbieten, den ein anderer bereits ausgehandelt hat. Werdet vielmehr zu Dienern Gottes und lebt brüderlich zusammen. Ein Muslim fügt einem Bruder kein Unrecht zu und beleidigt ihn nicht. Er stellt ihn nicht bloß und demütigt ihn nicht.‘ Er zeigte auf seine Brust und sagte: ‚Taqwa ist hier‘. Er wiederholte diese Worte dreimal. Dann sagte er: ‚Es genügt für die Armseligkeit eines Menschen bereits, seinen muslimischen Bruder als minderwertig zu betrachten. Und jedem Muslim sind das Blut, das Eigentum und die Ehre eines anderen Muslims verwehrt und heilig‘.“ (Sahih Muslim, kitab-ul-birri was-silah, Kapitel tahrimi-zulmil muslimi wa khadhlih)
Dann heißt es in einer Überlieferung von Hadhrat Abu Hurairahra, dass der Heilige Prophetsaw sagte:
„Gott wird einem Menschen, der in diesem Leben einem anderen Muslim seine Sorgen und Nöte nahm, am Tage des Jüngsten Gerichts seine Sorgen und Nöte von ihm nehmen. Und Er wird für einen Menschen, der für die Entlastung und Erleichterung einer armen Person sorgte, im Jenseits für Erleichterung sorgen. Gott wird dem Menschen, der die Fehler eines anderen Muslims bedeckte, im Jenseits seine Fehler bedecken. Allah hält sich bereit für die Hilfe eines Menschen, der sich für die Hilfe seines Bruders bereit hält.
Wer sich auf die Suche nach Wissen begibt, dem macht Allah den Weg ins Paradies leicht. Gott sendet Seinen Frieden und Ruhe auf die Menschen herab, die in einem der Häuser Gottes weilen und dort das Buch Gottes studieren und lehren. Sie bleiben von der Gnade Allahs bedeckt und werden von Engeln umkreist. Allah erwähnt sie gegenüber Seinen Nahestehenden. Ein Mensch, der in seinen Taten Faulheit zeigt, kann nicht durch seine Familie und Herkunft schneller werden, d.h., er kann nicht über seine Familie ins Paradies gelangen.“ (Muslim, Kitab-udh-Dhikr, Kapitel fadlil-ijtima‘i ‘ala tilawat-ilqur’ani wa ‘aladh-dhikr)
Gleich am Anfang dieses Hadith wird dazu ermahnt, sich um andere Menschen zu kümmern und die Sorgen und Nöte der eigenen Brüder zu beseitigen, dann wird Allah am Tage des Jüngsten Gerichts euch ebenso liebenswürdig behandeln und eure Sorgen und Nöte von euch nehmen. Der Heilige Prophetsaw hat uns einen Gefallen erwiesen, indem er uns erklärte: Wenn ihr möchtet, dass Allah euch mit Seiner Vergebung bedeckt, so sorgt so viel wie möglich für die Entlastung derjenigen, die in Sorge, Not und Armut sind, so wird Allah euch mit Liebe behandeln.
Bedeckt die Fehler eurer Brüder. Sucht euch nicht einen Fehler heraus, um diesen dann vor allen bloßzustellen. Ihr wisst nicht, wie viele Schwächen und Mängel ihr habt, über die ihr am Tag des Jüngsten Gerichts Rechenschaft ablegen müsst. Wenn ihr in diesem Leben die Fehler eurer Brüder bedeckt habt, anstatt ihre Fehler herauszuposaunen, mitfühlend mit ihnen gesprochen habt, so wird Allah ebenso mit euch verfahren und eure Fehler bedecken. Dies also sind die Rechte der Schöpfung Gottes, durch dessen Beachtung ihr die Erben göttlicher Segnungen werden könnt.
In einem Hadith berichtet Hadhrat Abu Hurairahra, dass der Heilige Prophetsaw sagte:
„Durch Spenden nimmt das eigene Vermögen nicht ab. Und wer die Schuld eines anderen vergibt, dem verleiht Allah noch mehr Ehre. Durch das Vergeben der Schuld eines anderen wird man nicht entehrt.“ (Masnad Ahmad bin Hanbal, Bd. II, S. 235, herausgegeben in Beirut)
Dann heißt es in einer Überlieferung, dass Hadhrat Abdullah bin Umarra berichtet, dass der Heilige Prophetsaw sagte:
„Dem Gnädigen wird Gott der Gnädige gnädig sein. Seid gnädig zu den Bewohnern der Erde, und der Bewohner des Himmels wird euch gnädig sein.“ (Sunan Abi Daud, kitab-ul-adab, Kapitel fir-rahmah)
Der Verheißene Messiasas sagte:
„Seid auch dessen wohl eingedenk, dass die Gebote Gottes zweierlei sind. Zum einen, dass ihr Ihm keinen gleichsetzen sollt, weder in Seinem Wesen noch in Seinen Eigenschaften oder in Seiner Anbetung. Zum anderen, dass ihr Wohlwollen gegenüber der Menschheit hegt. Güte bedeutet nicht nur, dass sie lediglich gegenüber den eigenen Brüdern und Verwandten zu erweisen ist. Sie sollte vielmehr gegenüber jedem gelten, jedem Kind Adams und jeglicher Schöpfung Gottes. Schaut nicht danach, ob es sich um einen Hindu oder einen Christen handelt.
Ich sage euch fürwahr, Gott hat die Gerechtigkeit euch gegenüber persönlich übernommen, Er möchte nicht, dass ihr diese selbst durchsetzt. Je mehr Sanftmut und je mehr Demut und Fürsorge ihr an den Tag legt, umso mehr werdet ihr von Gott geliebt. Überlasst Gott eure Feinde. Das Jüngste Gericht ist nahe. Ihr solltet ob der Leiden, die eure Feinde euch zufügen, nicht den Mut verlieren. Ich sehe, dass ihr noch viel Leid durch ihre Hand zu ertragen habt, denn diejenigen, die die Grenzen des Anstands verlassen, reden so hemmungslos, als wäre durch einen Dammbruch eine riesige Flut erzeugt worden. Ein religiöser Mensch aber sollte seine Zunge zügeln.“ (Malfuzaat, Bd. IX, S. 164 f, neue Auflage)
Weiterhin sagte er:
„Bedenket, dass es zwei Arten von Rechten gibt. Zum einen ist da das Recht Gottes und zum anderen das Recht eines Menschen. Selbst bei dem Rechte Gottes haben die Reichen ihre Schwierigkeiten, und Hochmut und Selbstgefälligkeit macht sie benachteiligt. So empfinden sie es etwa als unangenehm, während des Namaz neben einem Armen zu stehen. Sie möchten ihn nicht neben sich sitzen haben, und so bleiben sie in Bezug auf das Recht Gottes im Nachteil. Denn Moscheen sind eigentlich Häuser der Armen, und sie empfinden es als unter ihrer Würde, in diese einzutreten. Ebenso können sie sich in Bezug auf das Recht des Menschen an besonderen Diensten nicht beteiligen.
Ein Armer dagegen ist stets zu jeder Art von Dienst bereit. Er kann anderen die Füße massieren, Wasser tragen, Wäsche waschen, und selbst wenn er den Abfall entsorgen soll, so hat er keine Hemmungen. Die Reichen jedoch empfinden die Verrichtung solcher Arbeiten als Demütigung und Schande, und so bleiben sie auch dieser Segnungen beraubt. Somit hindert auch der Reichtum an der Verrichtung guter Taten. Dies ist der Grund, weshalb es in einem Hadith heißt, dass die Armen 500 Jahre früher ins Paradies eintreten werden.“ (Malfuzaat, Bd. III, S. 368, neue Auflage)
Ebenso erklärte er:
„Mitgefühl für die Menschheit ist etwas, das den Menschen, der dieses aufgibt und sich immer weiter davon entfernt, allmählich zu einem Untier werden lässt. Die Menschlichkeit eines Menschen erfordert dies, und er kann nur so lange als Mensch gelten, wie er seinen Bruder mit Freundlichkeit, Wohlwollen und Güte behandelt, ohne einen Unterschied zu machen. Wie auch Sa’di sagte: ‚Die Kinder Adams sind Teile eines einzigen Körpers.’
Denkt daran, dass meiner Ansicht nach die Grenzen des Mitgefühls sehr weitreichend sind. Man sollte kein Volk oder Individuum davon ausschließen. Ich sage nicht, wie die Törichten dieser Tage, dass ihr euer Mitgefühl auf die Muslime beschränken sollt. Nein, ich sage, dass euer Mitgefühl jeder Schöpfung Gottes gleichermaßen gelten sollte, sei es ein Hindu, ein Muslim oder irgendein anderer. Mir gefallen die Aussagen solcher Leute keineswegs, die das Mitgefühl auf die eigene Volksgruppe beschränken sollen.“ (Malfuzaat, Bd. IV, S. 216 f, neue Auflage)
Weiterhin führte er aus:
„Liebevolle Behandlung und Mitgefühl der Menschheit gegenüber ist eine sehr bedeutende Form des Gottesdienstes und eine großartige Möglichkeit, um Allahs Wohlgefallen zu erlangen. Ich beobachte jedoch, dass dieser Aspekt zu sehr vernachlässigt wird. Man schaut auf andere herab und verhöhnt sie, anstatt sich um sie zu kümmern und ihnen bei Sorgen und Nöten beizustehen. Ich habe die Befürchtung, dass diejenigen, die die Armen nicht gut behandeln und auf diese herabschauen, vom selben Unglück heimgesucht werden könnten. Diejenigen, die Allah besonders gesegnet hat, können Ihm nur in der Weise Dank erweisen, dass sie Seine Schöpfung mit Freundlichkeit und Güte behandeln und ob ihres gottgegebenen Wohlstandes nicht hochmütig werden und die Armen nicht wie wild unter ihren Füßen zertreten.“ (Malfuzaat, Bd. IV, S. 438 f, neue Auflage)
Er schreibt:
„Ich glaube nicht, dass irgendein anderes Buch all die Rechte aufzählt, die der Heilige Qur’an zugunsten von Eltern, Kindern, anderen Verwandten und Bedürftigen statuiert hat. So sagt Allah:
‚Verehrt Allah und setzet Ihm nichts zur Seite, und (erweiset) Güte den Eltern, den Verwandten (darunter fallen sowohl die Kinder und Brüder als auch alle anderen nahen und entfernten Verwandten), den Waisen und den Bedürftigen, dem Nachbarn, der ein Anverwandter, und dem Nachbarn, der ein Fremder ist, dem Gefährten an eurer Seite, mit dem ihr gemeinsam etwas unternehmt oder mit dem ihr gemeinsam reist oder mit dem ihr gemeinsam betet oder mit dem ihr gemeinsam religiöses Wissen erwerbt, und dem Wanderer und allen Lebewesen, die unter eurer Macht sind. Wahrlich, Allah liebt nicht die Stolzen, die Prahler‘.“4:37) (Chashmah-e-Ma‘rifat, Ruhani Khaza’in, Bd. XXIII, S. 208 f.)
Es ist eine Besonderheit der Ahmadiyya Jama’at, dass sie sich aktiv an dem Dienst an der Menschheit beteiligt, soweit es ihr möglich ist. Sie versucht, innerhalb der ihr zur Verfügung stehenden Mittel und Möglichkeiten so viel wie möglich der Schöpfung und der Menschheit zu dienen, sowohl individuell als auch durch die Jama’at. Die Jama’at-Mitglieder erfüllen ihr Bai’at-Gelübde – und sollten dies auch – entsprechend ihren Möglichkeiten auch durch Unterstützung der Jama’at bei der Linderung von Hungersnot, medizinischer Behandlung hilfsbedürftiger Menschen, Bildungsförderung oder der Finanzierung von Hochzeiten mittelloser Menschen.
Möge Allah uns niemals zu solchen Nationen und Staaten werden lassen, die ihren überschüssigen Ertrag lieber vergeuden, anstatt ihn für die notleidende Menschheit auszugeben, weil das ihren politischen Zwecken und Vorteilen zuwider läuft oder weil sich manche weigern, ihrem Diktat zu folgen. Und als Strafe werden diese Nationen ohne Nahrung und Kleidung liegen gelassen.
Möge Allah der Ahmadiyya Jama’at helfen, noch mehr als zuvor der Menschheit dienlich zu sein. Ich möchte hier noch erwähnen, dass dieser Dienst an der Menschheit auf der Jama’at-Ebene nach den uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten erbracht wird. Den aufrichtigen Jama’at-Mitgliedern ermöglicht Allah den Dienst an der Menschheit durch große Geldspenden. Durch die Gnade Allahs erbringen Ärzte und Lehrer, die ihr Leben der Jama’at gewidmet haben, in Afrika und auch in Rabwah und Qadian den Dienst an der Menschheit.
Ich appelliere jedoch an alle Ahmadi- Ärzte, Lehrer, Juristen und an jeden Ahmadi, der aufgrund seiner Qualifikation in irgendeiner Weise der Menschheit dienlich sein kann und den Armen und Bedürftigen helfen kann, sich für diese Arbeit zu engagieren. Infolge Ihrer Arbeit wird Gott ihr Vermögen und ihr Leben noch mehr segnen als zuvor, insha’Allah. Wenn Sie mit der Absicht den Dienst erbringen, um damit das Bai’at- Versprechen, das Sie gegenüber dem Imam der Zeit abgegeben haben, zu erfüllen, so werden Sie sehen, dass Allah Seine Segnungen und Gnadenfülle so reichlich auf Sie herabregnen wird, dass es Ihnen schwer fallen wird, alle einzusammeln.
Das Mitgefühl des Verheißenen Messiasas für die Menschheit
Der Verheißene Messiasas sagte einmal in Bezug auf die Erweisung von Mitgefühl und Sympathie gegenüber der Menschheit und insbesondere den eigenen Brüdern:
„Mir ergeht es so, dass wenn mich während des Namaz die Stimme eines unter Schmerzen leidenden Menschen erreicht, ich am liebsten selbst mein Namaz unterbrechen würde, um dem Menschen in irgendeiner Weise helfen zu können und ihm mein Mitgefühl ausdrücken zu können. Es entspricht nicht der hohen Moral, einem Bruder in Not und Bedrängnis nicht beizustehen. Wenn ihr sonst nichts für ihn bewirken könnt, so betet zumindest für ihn.
Ganz abgesehen von den Eigenen, ich sage euch, dass ihr denselben freundlichen Umgang mit Fremden und mit Hindus pflegen und ihnen euer Mitgefühl erweisen sollt. Man sollte auf keinen Fall gleichgültig in seiner Einstellung sein. Einmal machte ich einen Spaziergang, wobei der Grundbuchbeamte Abdul Karim mich begleitete. Er ging etwas vor mir und ich war hinter ihm. Auf unserem Weg begegnete uns eine alte Dame von etwa 70 oder 75 Jahren. Sie bat ihn, ihr einen Brief vorzulesen. Doch er wies sie schimpfend ab. Das verletzte mich innerlich. Dann gab sie mir den Brief. Ich blieb stehen, las ihr ihren Brief vor und erklärte ihr diesen gut. Dies beschämte ihn sehr. Denn er musste doch noch anhalten und versäumte auch noch eine Möglichkeit, Gottes Lohn zu verdienen.“ (Malfuzat, Bd. IV, S. 82 f, neue Auflage)
Der Verheißene Messiasas schreibt:
„Seid gnädig zu Seinen Geschöpfen und fügt ihnen kein Leid durch eure Zunge, eure Hand oder auf irgendeine andere Weise zu. Und bemüht euch für das Wohl der Schöpfung. Seid niemandem gegenüber hochmütig, sei es auch ein Untergebener. Und beschimpft niemanden, selbst wenn er euch beschimpft. Werdet zu Demütigen, Sanftmütigen, Ehrlichen und zu Wohltätern der Schöpfung, damit ihr angenommen werdet… Seid als Ältere gnädig zu Jüngeren, anstatt sie zu verachten. Und gebt als Wissende den Nichtwissenden guten Rat, anstatt sie wichtigtuerisch zu degradieren. Und dient als Reiche den Ärmeren, anstatt ihnen selbstgefällig mit Hochmut zu begegnen. Fürchtet euch vor zerstörerischen Wegen.“ (Kishti-e-Nuh, Ruhani Khaza’in, Bd. XIX S. 11 f)
Er ermahnte:
„Die Leute werden euch verletzen und in jeder erdenklichen Weise bedrängen. Die Mitglieder meiner Gemeinde sollten sich jedoch nicht provozieren lassen. Verwendet in der Hitze der Emotionen keine Worte, die die Gefühle anderer verletzen. Allah gefallen solche Menschen nicht. Allah möchte unsere Gemeinde zu einem Exempel für andere machen.“
Er führte aus:
„Mitgefühl der Schöpfung Gottes gegenüber zu zeigen ist etwas Hervorragendes und findet großen Gefallen bei Gott. Was gibt es Schöneres als dass Er einem solchen Menschen Sein Mitgefühl zeigt. In der weltlichen Sphäre verhält es sich meist ähnlich. Wenn der Diener eines Menschen dessen Freund besucht und der Freund den Diener überhaupt nicht beachtet, glaubt ihr, dass der Mensch, um dessen Diener es sich handelt, über einen solchen Freund erfreut sein wird? Keineswegs – obwohl der Freund ihm persönlich nichts angetan hat. Die Gastfreundschaft und Güte gegenüber dem Diener kommt gleichsam der Güte gegenüber dessen Herrn gleich. In gleicher Weise reagiert Gott sehr empfindlich, wenn jemand Seine Schöpfung gleichgültig behandelt. Denn Seine Geschöpfe sind Ihm sehr teuer. Wer also Mitgefühl gegenüber der Schöpfung Gottes zeigt, der sorgt gewissermaßen für die Zufriedenheit Gottes.“ (Malfuzaat, Bd. IV, S. 215 f, neue Auflage)
Möge Allah uns befähigen, nach diesen Ermahnungen des Verheißenen Messiasas zu handeln und den Bund des Bai’ats, den wir mit ihm geschlossen haben, zu erfüllen.
Quelle: Der 5. Khalifa der Ahmadiyya Muslim Jamaat: Mirza Masroor Ahmad, Die Bedingungen des Bai`at, Verlag der Islam, 1. Auflage, 2007, S. 188-210